Gesetzgebungsverfahren

Das am 05.11.2015 vom Bundestag beschlossene, am 09.12.2015 im Bundesgesetzblatt (BGBl. 2015 Teil I Nr. 49, Seite 2158) verkündete und 10.12.2015 in Kraft getretene Gesetz zur zweiten Änderung des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) stellt eine Umsetzung der EU-Richtlinie 2005/29/EG vom 11.05.2005 über unlautere Geschäftspraktiken von Unternehmen gegenüber Verbrauchern im Binnenmarkt und zur Änderung der Richtlinie 84/450/EWG, der Richtlinien 97/7/EG, 98/27/EG und 2002/65/EG sowie der Verordnung (EG) Nr. 2006/2004 (Richtlinie über unlautere Geschäftspraktiken) (ABl. L149, 11.06.2005, S. 22 ; ABl. L253 vom 25.09.2009, S. 18) dar.

Anlass für die Gesetzesnovellierung im November 2015 war der Umstand, dass die Bundesrepublik Deutschland die EU-Richtlinie 2005/29/EG vom 11.05.2005 über unlautere Geschäftspraktiken von Unternehmen gegenüber Verbrauchern im Binnenmarkt nicht vorschriftsgerecht umgesetzt hatte und die EU-Kommission in der Folge ein Vertragsverletzungsverfahren eingeleitet hatte. Dementsprechend erkannte der Gesetzgeber – trotz einer richtlinienkonformen Gesetzesanwendung – „bei einzelnen Punkten noch Klarstellungsbedarf gesetzessystematischer Art, um …bereits im Wortlaut des UWG selbst eine vollständige Rechtsangleichung zu erzielen“(BT-Drucks. 18/4535, S. 1). Dies ist indes nicht erreicht worden: „Letztlich erreicht auch das UWG 2015 noch nicht das Ziel einer vollständigen Rechtsangleichung. So bleiben auf der Reformagenda u. a. die Angleichung der Verbraucherdefinition in § 2 Abs. 2 UWG i. V. m. § 13 BGB an den Art. 2 lit. a UGP-RL, die Umsetzung der Vorgaben aus Art. 4 lit. a WerbeRL im Hinblick auf Verbraucher und die korrekte Umsetzung der Nr. 26 Anhang I UGP-RL im Hinblick auf § 7 Abs. 2 Nr. 1 – 3 UWG 2008“ (Köhler, WRP 2015, S. 2).

Eine Übersicht zum deutschen Gesetzgebungsverfahren findet sich im Dokumentations- und Informationssystem für Parlamentarische Vorgänge des Deutschen Bundestags und Bundesrats (DIP).

Das neue UWG 2015 (n.F. = neuer Fassung) bietet zahlreiche Änderungen, die aber im Wesentlichen keine nennenswerten Auswirkungen auf die Praxis haben. Eine ausführliche Darstellung der Änderungen findet sich in dem Gesetzesentwurf vom 01.04.2015, BT-Drucks. 18/4535, S. 11 f.) und der Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Recht und Verbraucherschutz (6. Ausschuss) vom 04.11.2015, BT-Drucks. 18/6571).

Im Folgenden werden ausgewählte Änderungen vorgestellt:

§ 2 UWG

Der Definitionskatalog des § 2 UWG a.F. wurde erweitert und verändert.

§ 2 Nr. 7 UWG n.F. spricht nicht mehr von einer „fachlichen Sorgfalt“, sondern von einer „unternehmerische Sorgfalt“ als Standard an Fachkenntnissen und Sorgfalt, von dem billigerweise angenommen werden kann, dass ein Unternehmer ihn in seinem Tätigkeitsbereich gegenüber Verbrauchern nach Treu und Glauben unter Berücksichtigung der anständigen Marktgepflogenheiten einhält.

Vollständig neu sind § 2 Nr. 8 und Nr. 9 UWG n.F.:

§ 2 Nr. 8 UWG n.F. definiert die „wesentliche Beeinflussung des wirtschaftlichen Verhaltens des Verbrauchers“ als Vornahme einer geschäftlichen Handlung, um die Fähigkeit des Verbrauchers, eine informierte Entscheidung zu treffen, spürbar zu beeinträchtigen und damit den Verbraucher zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die er andernfalls nicht getroffen hätte;

§ 2 Nr. 9 UWG n.F. definiert die „geschäftliche Entscheidung“ als jede Entscheidung eines Verbrauchers oder sonstigen Marktteilnehmers darüber, ob, wie und unter welchen Bedingungen er ein Geschäft abschließen, eine Zahlung leisten, eine Ware oder Dienstleistung behalten oder abgeben oder ein vertragliches Recht im Zusammenhang mit einer Ware oder Dienstleistung ausüben will, unabhängig davon, ob der Verbraucher oder sonstige Marktteilnehmer sich entschließt, tätig zu werden.

§ 3 UWG

Die Generalklausel ist neu gefasst worden. Jegliche Unlauterkeitstatbestände des UWG knüpfen nunmehr an die in § 3 Abs. 1 UWG n.F. enthaltene abstrakte Verbotsklausel „Unlautere geschäftliche Handlungen sind unzulässig“ an. Es handelt sich um einen sog. Auffangtatbestand für jegliches unlautere Verhalten gegenüber Mitbewerbern, Verbrauchern oder sonstigen Marktteilnehmern (Gesetzesentwurf vom 01.04.2015, BT-Drucks. 18/4535, S. 11 f.) und Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Recht und Verbraucherschutz (6. Ausschuss) vom 04.11.2015, BT-Drucks. 18/6571). Unlautere geschäftliche Handlungen sind nach der Neufassung des Absatzes 1 nun schon von der Definition her unzulässig, ohne dass weitere Umstände hinzutreten müssen. 

§ 3 Abs. 2 UWG n.F. wurde dahingehend geändert, dass es statt „der für den Unternehmer geltenden fachlichen Sorgfalt“ nunmehr heißt „unternehmerischen Sorgfalt“ (wobei die UGP-Richtlinie noch von „beruflicher Sorgfalt“ spricht) und statt „die Fähigkeit des Verbrauchers, sich auf Grund von Informationen zu entscheiden, spürbar zu beeinträchten“ nunmehr „das Verhalten des Verbrauchers wesentlich zu beeinflussen“.

§ 3a UWG

Durch § 3a UWG n.F. wurde der frühere Rechtsbruchstatbestand des § 4 Nr. 11 UWG a.F. in eine eigenständige Norm überführt. Inhaltliche Änderungen wurden demgegenüber nicht vorgenommen.

§ 4 UWG / § 4a UWG

Der Inhalt des § 4 UWG a.F. wurde erheblich reduziert. § 4 UWG n.F. umfasst nur noch die bisherigen Fälle des Mitbewerberschutzes (§ 4 Nr. 7 bis 10 UWG a.F.). Dafür wurden in eine neue Vorschrift § 4a UWG die Regelungen aus § 4 Nr. 1 – 6 UWG a.F. übernommen. Gänzlich neu ist, dass § 4a UWG nunmehr auch „aggressive Geschäftspraktiken“ gegenüber anderen Unternehmen („sonstige Marktteilnehmern“) verbietet, wie es in der EU-RL 2005/29/EG vorgesehen ist, während dieser Verbotstatbestand nach alter nationaler Gesetzeslage nur gegenüber Verbrauchern galt.